
Geschichte
1947 schrieb die frisch gegründete USAF einen Auftrag für eine neue Flugzeugkanone aus. Das Fazit aus dem Zweiten Weltkrieg war, dass die deutschen, italienischen und japanischen Jäger die amerikanischen mit ihren Kanonen erreichen konnten, währenddessen die Amerikaner mit ihren .50 cal Maschinengewehren näher heran mussten. Und die 20 mm Hispano-Kanone, die von der P-38 getragen wurde, war eine Waffe mit recht niedriger Feuergeschwindigkeit. Die Idee aus dem 19. Jahrhundert eine elektrisch betriebene Gatling-Kanone zu bauen, wurde von der US Navy für deren Torpedo- und Kanonenboote untersucht. Das Resultat war eine hohe Feuerrate und ein schneller Verschleiß des Laufes. Die Idee an sich war zwar gut, aber zu dieser Zeit existierten noch nicht die nötigen metallurgischen Möglichkeiten, die man gebraucht hätte.
Im Jahre 1950 begann die US General Electric Company basierend auf dem Konzept der Mehrläufigkeit von Richard J. Gatling aus dem 19. Jahrhundert unter dem Namen "Vulcan-Project" eine Kanone für USAF-Jäger zu entwickeln. Die Vulcan-Kanone wurde als Vorserienmodell zum ersten Mal 1953 abgefeuert und machte ihren "Jungfernflug" in einer F-104. Anfängliche Probleme mit Gasaustritten führten zu einer zeitweiligen Einstellung der Feuertests, bis eine bessere Einbaumöglichkeit in der Zelle der F-104 konstruiert war. Nachdem man zu Anfang des Vietnamkrieges daran dachte Kanonen komplett durch Raketen ersetzen zu können, ist die M61 heutzutage die Standardwaffe in allen modernen US-Flugzeugen.
Konstruktion
Die General Electric M61A1 ist eine sechsläufige 20 mm Gatling-Kanone mit einer Schussfrequenz von 6.000 Schuss je Minute, die bei einigen Installationen aber auch einstellbar ist. Mehrläufige Kanonen bieten zwei große Vorteile, nämlich zum einen eine hohe Feuerrate und zum anderen eine längere Lauflebensdauer. Während sich die sechs Läufe drehen, passieren sie die verschiedenen Stationen des Feuerablaufs. Jeder Lauf wird in der oberen Position abgefeuert, danach wird die Hülse ausgestoßen und der Lauf wieder geladen. Daraus resultiert, dass sich die Feuerrate mit der Anzahl der Läuft multipliziert, somit ist die Feuerrate sechsmal höher, als wenn 6 Läufe parallel geladen würden. Durch die hohe Feuerrate erhöht sich aber nicht der Verschleiß, da jeder Lauf nur 1/6 der totalen Feuerrate abgibt. Der größte Nachteil ist der, dass der Munitionsverbrauch enorm ist, so dass große Magazine notwendig sind. Die Kanone wird durch lange Munitionsgurte versorgt und erwies sich schon in der frühen Entwicklung als sehr zuverlässig, obwohl die beispiellose Feuerrate schwere Probleme mit den Gurten hervorrief. Die Verbindungen der Projektile waren oft verbogen, gebrochen oder verzogen, was ein Klemmen der Kanone verursachte. Aus diesem Grunde sind Entwicklungen unternommen worden um die Verbindungselemente loszuwerden und letztendlich wurde ein gurtloses System eingeführt. Innerhalb der Trommel sind die Projektile mit den Spitzen zur Mitte hin in einer riesigen archimedischen Schraube angeordnet, die sie zum Fördergurt und schließlich zur Kanone bewegt. In der F-16 und einigen anderen Einbauten (M61A1-Einbauten sind maßgeschneidert für jeden Flugzeugtyp) werden die leeren Hülsen über einen zweiten Fördergurt zurück in die Trommel befördert. Beide Zuführungsgurte sind in starken, elastischen Rohren angebracht und werden von der Kanone angetrieben. Auch die Schraube und die Trommel, welche über eine hochflexible Kupplung angesprochen wird, werden von der Kanone betrieben.
Die meisten Mitglieder der M61-Familie werden vom Hydrauliksystem des jeweiligen Flugzeugs angetrieben oder ausnahmsweise auch vom Stromversorgungssystem. Es werden 35 PS benötigt, um die Kanone mit voller Feuerrate zu betreiben. Die Kanone dreht gegen den Uhrzeigersinn, wenn man aus der Feuerrichtung schaut. Die Verschlüsse der Läufe werden über 6 Nocken angesteuert, die das Laden, Feuern und Leeren des Laufes kontrollieren. Die Mündungen der Läufe sind über eine Art Schraubstock miteinander verbunden. Über diesen Schraubstock kann man den Winkel der Läufe ein wenig verändern und so andere Streuwinkel erzielen.
Einsatz der Kanone
Die Kanone braucht etwa 0,3 Sekunden um die volle Feuerrate zu erreichen und weitere 0,5 Sekunden um wieder abzubremsen. Einige Kritiker, besonders der Verteidigungsanalyst Pierre Spray in seinem Papier "First Rounds Count", vertreten die Ansicht, dass ein Treffer am wahrscheinlichsten ist, wenn die Kanone im selben Moment anfängt zu feuern, indem der Pilot den Knopf drückt. Wegen der 0,3 Sekunden Verzögerung fängt die Kanone aber erst nach der besten Positionierung der Zielmarkierung an mit maximaler Feuerrate zu schießen. Eine Revolverkanone wie die Mauser BK 27, die im Tornado eingebaut ist, hat dieses Problem nicht, da sie die maximale Feuerrate sofort erreicht. Eine einfache Rechnung zeigt jedoch, dass die M61 Vulcan 70 Schuss (100 Schuss pro Sekunde minus den 30, die durch das Beschleunigen wegfallen) schon in der ersten Sekunde feuert. Die BK 27 schießt mit 1.800 s/min aber nur 28 pro Sekunde. Um also die gleiche Feuerrate in der ersten Sekunde zu erreichen bräuchte man immerhin 3 BK 27 oder eben nur eine Vulcan. Die Feuerrate von 6.000 Schuss je Minute oder 100 pro Sekunde ergibt einen Schussfolge von 0,01 Sekunden. Eine MiG-29 mit einer Länge von 17,2 m und 90° Vorbeiflugwinkel legt mit einer Geschwindigkeit von 1.000 km/h (283 m/sec) 2,78 m in 0,01 Sekunden zurück. Daraus resultiert, dass sie mindestens 5 bis 6 mal getroffen wird (17,2/2,78 = 6,187).
Durch die extrem hohe Feuerrate der Vulcan ist es unmöglich zwischen einzelnen "Schüssen" zu unterscheiden. Anders als bei den typischen Kino-Soundeffekten hört sich die M61 eher wie ein schwerer Bohrer an.
Neben dem Einsatz als Bordkanone kommt die M61 als VADS (Vulcan Air Defense System) auch bei der Flugabwehr zum Einsatz. Die US-Streitkräfte nutzen es beispielsweise auf dem Flakpanzer M163 oder als Nahbereichswaffe auf ihren Kriegsschiffen.
Munition
Die Einzelteile, aus denen eine komplette Patrone besteht, sind eine Messinghülse, eine elektrischer Zünder, Pulver und das Projektil selbst. Das Projektil wird gefeuert, wenn der Zünder einen elektrischen Impuls erhält. Die entstehende Flamme wird durch ein Loch zur Treibstoffkammer geführt und entzündet diesen. Durch die Verbrennung des Treibstoffes entsteht ein Gasdruck, welcher das Projektil durch den Lauf bewegt. Der einzige wesentliche Unterschied zwischen den fünf Patronentypen ist das Projektil. Am Hinterteil aller Projektile befindet sich ein weicher Metallstreifen, der den Zügen des Laufes folgt. Somit erhält das Projektil während der Bewegung im Lauf einen Drall, der die Flugstabilität des Projektils erheblich erhöht.
Munitionstypen
Ü Prüfmunition
Die Farbkodierung der Prüfmunition ist entweder Bronze, verschiedene Grau- oder Braunschattierungen. Die Hülle besteht aus Stahl oder Plastik. Die Prüfmunition wird zum Testen der Kanonenfunktion benutzt.
Ü M55A1/A2 Zielübungsmunition (M220 TP Leuchtspurgeschoss)
Die M55A1 und M55A2 Zieltrainingspatronen (TP - Targeting Practice) sind Kugelmunitionen mit einem Körper aus Stahl. Das Projektil selbst ist hohl und enthält keinerlei Füllmasse.
Ü M53 Panzerdurchschlagende Brandmunition
Der Körper der M53 API (Armor Piercing Indendiary) besteht aus Stahl. Die Nase des Projektils ist aus einer Aluminiumlegierung gefertigt, mit einer brennbaren Mischung gefüllt und durch eine Versiegelungsplatte geschlossen. Das Projektil benötigt keinen Zünder, da es sich beim Aufprall selbst entzündet.
Ü M56 Hochexplosiv/Brandmunition (XM242 HEI)
Die M56 Hochexplosivmunition enthält ein HEI-Projektil. Sie wird gegen Flugzeuge und leichte Ziele verwendet. Das Projektil explodiert mit einer brandfördernden Wirkung unmittelbar nach dem Durchdringen der Außenhaut des Ziels. HEI-Projektile brauchen einen Zünder, der eine Verzögerung von 20 bis 35 Fuß zur Kanonenmündung hat. Zentrifugalkräfte, die durch die Drehung das Projektils entstehen, ermöglichen es der Zündkapsel sich mit dem Zünder und dem Verstärker linear anzuordnen, was die Entsicherung der Patrone zur folge hat. Beim Einschlag presst sich das Projektil ins Ziel und die Zündkapsel wird auf den Zünder gepresst, der Verstärker, der nun vom Zünder aktiviert wurde, löst die Explosion aus.
Ü PGU-28
Die neue PGU-28 Munition ist schneller als die Standard-M53 Munition. Sie schließt die Lücke, die bisher zwischen der Maximalreichweite der Kanone und der Minimalreichweite der AIM-9 Sidewinder bestand.
Bezeichnung der Kanone: |
GAU-4/M61A1/A2 |
Typ: |
extern angetriebene, sechsläufige, 20 mm Gatling |
Hersteller: |
General Dynamics |
Gewicht: |
Kanone: |
114,5 kg (93,2 kg M61A2) |
Ladesystem: |
122 kg |
Munition: |
145 kg |
Gesamt: |
381 kg |
Feuerrate: |
7.200 Schuss/min maximal |
Ladesystem: |
rotierendes, verbindungsfreies Zweiwegesystem |
Antriebssystem: |
hydraulisch (normal) oder auch elektrisch bzw. pneumatisch |
Lauflebensdauer: |
40.000 Schuss |
Systemlebensdauer: |
250.000 Schuss |
Kanonenlebensdauer: |
mindestens 150.000 Schuss |
Zuverlässigkeit: |
Im Schnitt 100.000 Schuss Fehlerabstand |
Munition: |
20 mm M50 Serie, PGU-28/B Saphei |
Mündungsgeschwindigkeit: |
1.030 m/s |
Streuung: |
8 milirad oder 2,2 millirad |
maximaler Rückstoßweg: |
6,5 mm |
theoretische Rückstoßkraft |
bei 4.000 Schuss/min |
95,6 kN |
bei 6.000 Schuss/min |
143,4 kN |